IM INTERVIEW | DOERING, LAUBER. BERLIN

Photography Playground Köln 2014 | 01.10.2014

Marcus Doering und Ben Lauber über Wahrnehmung, Klang und Fotografie.

EIN PHYSIKER UND EIN MUSIKER, WO HABEN SIE SICH KENNENGELERNT?
Wir kennen uns schon seit über 20 Jahren. Ich war noch in den Anfängen meiner Physikerkarriere, also noch im Vordiplom, und er Live Musiker. Wir haben zusammen in einer WG in Berlin Charlottenburg gewohnt.
Dann hatten wir uns mehrere Jahre aus den Augen verloren. Als wir uns wiedergesehen haben, haben wir erzählt was wir so machen. Ich, dass ich aus der Physik raus bin und Videoinstallationen machen möchte. Und Ben, dass er jetzt mit Computersound arbeitet. Dann ging das alles ruckzuck.

WANN WAR DENN DAS WIDERSEHEN?
Vor zwei oder drei Monaten.

WIRKLICH? ERST SO KURZ HER?
Ja, wirklich. Vor zwei Montane höchstens. Naja, wir hatten uns vor einem Jahr einmal kurz getroffen, Telefonnummern ausgetauscht. Und dann jetzt wieder vor zwei oder drei Monaten. Da haben wir uns zum Closing einer berühmten Kneipe in Berlin getroffen, im Altberlin. Da haben wir beschlossen, gemeinsam was zu machen. Altberlin ist übrigens der Ursprung von vielen Ideen. Gewesen zumindest.

WENN IHR ERST SO KURZ ZUSAMMENARBEITET, WIE KAM DENN DANN DIE KURATORIN DES PLAYGROUNDS AUF EUCH ZU?
Die hat mitbekommen, dass wir uns wiedergetroffen haben. Sie hat aufgeschnappt, was wir beide machen und hat dann eigentlich letztendlich gesagt, ihr beide macht das zusammen. Und vor allem hat sie den Termin gesetzt. Wir hatten ja nur so vage geplant, nach dem Motto, wir müssten mal ….
Eine Woche später haben wir uns gleich getroffen. Haben mit zwei Laptops bei mir auf dem Balkon gesessen, geguckt, ob die zwei Laptops miteinander können, also die zwei Programme – unsere eigene Software und die Reaktor-Software, die Ben bedient.
Das hat, glaube ich, 5 Minuten gedauert, bis die miteinander kommuniziert haben. Dann standen wir da und dachten, das ist ein guter Anfang.
Dann kamen wir auf die famose Idee, dass wir ein Simulationsprogramm machen könnten, wo die Daten simuliert werden. Das haben wir dann bei Ben aufgebaut.

WAR RESONANT GRID EURE ERSTE IDEE?
Es ist unsere erste Zusammenarbeit. Dieses Netz, das wir hier sehen, das gab es schon als Vorarbeit. Das ist eine Möglichkeit von den vielen, mit denen Marcus arbeitet. Da er aber nicht direkt mit Sound arbeitet, hab ich natürlich sofort gesagt, da muss Sound rein! Das muss man doch irgendwie miteinander verbinden.

Wir machen ja sonst viele Shows, wo die Musik schon da ist. Dann sorgen wir für die Visuals zur Musik oder fürs Theater. Wenn aber keine Musiker oder Tänzer da sind, ist das Visuelle eben auch relativ langweilig. Da war es eigentlich klar: Wenn man eine Installation macht, ist die nächste Dimension, die dazukommt, die Musik. Naja, wie Henne und Ei. Was ist zuerst, die Musik oder das Video?
Aber in dem Fall, Resonanz – da sind wir übrigens ganz schnell auf den Namen gekommen – ist es ein Wechselspiel: Akteur, Bild und Ton.

WORIN LAG DIE BESONDERHEIT, EINE KLANGWELT DAFÜR ZU SCHAFFEN?
Die Herausforderung bei dem Projekt lag vor allem darin, dass man es nicht nur mit einer Person zu tun hat, sondern mit mindestens 5. Es mussten also 5 Klangkörper geschaffen werden, die sich von einander unterscheiden und die unterschiedlich agieren.
Denn nicht jedes Instrument, von diesen Klangkörpern, die ich gebaut habe, agiert auf dieselbe Art und Weise. Das ist nicht fünf Mal dasselbe, mit ein paar veränderten Parametern. Im Gegenteil, es sind grundsätzlich verschiedene Aufbauten, von unten heraus. Das war eine große Herausforderung.
Wichtig ist auch, dass wir dem Akteur nicht sagen, wie er sich bewegen soll. Da ist keinerlei Choreographie. Der Zuschauer, der mitmacht, muss die Möglichkeit haben, seine eigene Choreographie zu machen, auch wenn er komplett rumflippt. Selbst wenn eine Kuh Herde durchläuft, muss es noch einigermaßen klingen.

DER BESUCHER KANN DAS KUNSTWERK BEEINFLUSSEN. MACHT ER ES ERST ZUM KUNSTWERK?
Na klar. Erst der Besucher lässt das Bild leben. Macht aus dem Bild was und kreiert seinen Klangraum.

WAS BEDEUTET RAUM FÜR EURE ARBEIT?
Große Flächen sind für mich immer interessant. Aus sechs Flächen wird ein Raum. Und am liebsten bespielt man natürlich den ganzen Raum. Da hat man die Möglichkeit, im Großen etwas darzustellen. Raum ermöglicht ein gemeinschaftliches Erlebnis, das ist für mich das Spannende daran.
Auch musikalisch. Raum ist ja was ganz Spezielles für die Ortung. Wir haben hier 9 Lautsprecher installiert, um überhaupt eine Orientierung im Raum darzustellen und einen virtuellen Raum zu schaffen.

DAS KUNSTWERK RESONANT GRID VERÄNDERT SICH STÄNDIG. WELCHE BEDEUTUNG HAT DA DIE FOTOGRAFIE FÜR EURE ARBEIT?
Normalerweise posen die Leute. Sie stellen sich hin und lassen sich fotografieren. Oder ein Objekt steht irgendwo und wird fotografiert. Das ist passiv. Das wollen wir wegnehmen.
Die Leute vergessen hier, dass sie fotografiert werden. Sie spielen mit dem Objekt. Den Moment wollen wir festhalten. Oder schnelle Abfolgen davon. So dass man sieht, jetzt hat sich eine Person bewegt und das Bild hat sich mit ihr verändert. Das Wichtige ist und bleibt die Aktivität. Der Mensch, der fotografiert wird, wird das immer aus dem Moment der Aktivität heraus, nie stillstehend. So kriegt man auch den wahren Menschen, irgendwie. Naja, oder zumindest einen wahren, ungestellten Moment.

PLANEN SIE EIN NEUES PROJEKT?
Ja. Wir haben so viele Ideen. Vor allem durch die Zusammenarbeit in den letzten drei Wochen. Da tun sich so viele Möglichkeiten auf. Das ist einfach großartig. Da jetzt eins nach dem anderen anzugehen, ist unser großes Ziel.
Als nächstes wollen wir in definierteren Verhältnissen arbeiten. Also, hier auf der Ausstellung haben wir ja keinen Einfluss auf die Menschen, die da rumlaufen. Bei einer Choreographie ist das anders. Wenn ein Tänzer z.B. auf der Bühne weiß, er ist das Instrument, kann er das Instrument lernen. Und dann wirklich spielen. 5 Tänzer auf der Bühne machen dann ein Stück draus.
Es ist wie ein neues Instrument. Wir bauen denen eine neue Geige und dann muss derjenige lernen, mit der Geige zu spielen.

EIN BISSCHEN SO WIE DIE ARBEIT VON JEAN MICHELLE JARR MIT DER LASERHARFE?
Ja, so was haben wir auch schon gemacht. Das ist aber nicht unbedingt, was wir wollen. Wir wollen es mit Bewegung.
So eine Laserharfe ist ja, dass Du mit der Hand rausgehst, den Laserstrahl unterbrichst und dann dadurch einen Ton generierst. Auch schick. Auch eine tolle Idee. Wir wollen aber einen Schritt weiter – mit der Bewegung des Menschen.

EUCH INTERESSIERT ALSO VOR ALLEM DIE INTERAKTION? DIE LEUTE SOLLEN SELBST ERLEBEN, SELBST ENTDECKEN?
Natürlich. Das ist ja ein ganz wesentlicher Punkt. Alles passiert durch die Aktion. Die Installation und der Mensch zusammen, das ist erst das Kunstwerk. Tanz mit visuellen Bildern ist bis jetzt eigentlich immer so: es läuft ein Bild, ein Film und die Tänzer bewegen sich zum Film. Oder sie bewegen sich zur Musik. Es ist eigentlich eine große Einstudierfrage.
Wir wollen das umdrehen. Das Bild bewegt sich zum Tänzer und die Musik wird vom Tänzer ausgelöst. Das ist die neue Dimension. Das ist echte Interaktivität

Marcus Doering und Ben Lauber, vielen Dank!

Fotos © Miguel Martinez

Other Posts you might like
Perspective Playground | Barcelona 2017
Gracias Barcelona! Hej Kopenhagen!
Arrow
Perspective Playground | Barcelona 2017
Arrow
Perspective Playground | Barcelona 2017
MORE ABOUT SANT PAU RECINTE MODERNISTA
Arrow
Perspective Playground Köln 2016
Jetzt oder nie

Der Spielplatz erwartet Sie am
Sa 11 - 23 Uhr, So 11 - 21 Uhr

Arrow
Perspective Playground Köln 2016
Auf zum Spielplatz!

Nur noch bis Sonntag geöffnet.

Arrow
Perspective Playground Köln 2016
Best of Instagram
Arrow